
TPO seit 1. September 2025 EU-weit in Kosmetika verboten – warum diese Entscheidung Fragen aufwirft
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Einleitung
Seit dem 1. September 2025 ist der Photoinitiator
Trimethylbenzoyl Diphenylphosphine Oxide (TPO, CAS-Nr. 75980-60-8)
in allen kosmetischen Produkten nach der
EU-Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009
verboten. Herstellung, Verkauf und Anwendung sind seither unzulässig.
Ziel der Europäischen Kommission war es, den Verbraucherschutz zu stärken.
Doch die Entscheidung ruft in der professionellen Nagel- und Kosmetikbranche erhebliche Kritik hervor.
Warum TPO verboten wurde
Die Grundlage für das Verbot ist die
Delegierte Verordnung (EU) 2024/197,
mit der TPO als CMR-Stoff der Kategorie 2 (möglicherweise fortpflanzungsgefährdend)
in Anhang II der Kosmetikverordnung aufgenommen wurde.
Kritikpunkte aus Fachkreisen:
- Kurze Anpassungsfrist: Hersteller und Studios mussten ihre Produkte und Lagerbestände praktisch ohne Übergangszeit umstellen.
- Unsichere Datengrundlage: Mehrere toxikologische Bewertungen werden als unvollständig oder nicht eindeutig interpretiert.
- Doppelte Standards: Während Kosmetika ein striktes Verbot trifft, bleibt TPO in anderen Industrien weiterhin erlaubt.
Wo TPO weiterhin erlaubt ist
Das Verbot betrifft ausschließlich kosmetische Mittel.
Andere Industriezweige fallen unter andere EU-Rechtsrahmen, insbesondere
die REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 für Chemikalien
oder die Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745.
Diese fordern eine Risikobewertung und Sicherheitsnachweise, aber kein pauschales TPO-Verbot.
Typische Einsatzbereiche mit weiterhin zulässigem TPO:
Branche / Produkt | Funktion von TPO | Rechtsgrundlage |
---|---|---|
Industrie-Lacke & Beschichtungen | Photoinitiator für UV-härtende Lacke auf Holz, Metall, Kunststoffen | REACH: Registrierung & Arbeitsplatzschutz, kein generelles Verbot |
3D-Druck / SLA-DLP-Harze | Sichere, tiefe UV-Härtung von Kunstharzen | REACH: Expositions- & Emissionskontrolle statt Kosmetikrecht |
UV-härtende Klebstoffe & Beschichtungen | In Verpackungs-, Automobil- und Elektronikindustrie | REACH: arbeitsplatzbezogene Schutzmaßnahmen |
Elektronik & Leiterplatten | Photoinitiator in Lötstopplacken und Vergussmassen | REACH/RoHS, kein TPO-Verbot |
Dentalmaterialien (Zahnmedizin) | Photoinitiator in lichthärtenden Komposit-Zahnfüllungen, Fissurenversiegelungen und Dentaladhäsiven | Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745: Nutzen-Risiko-Prüfung, kein pauschales Verbot |
Die Begründung der EU für diese Unterschiede lautet:
In diesen Bereichen wird TPO eingekapselt oder in geschlossenen industriellen Prozessen eingesetzt.
Die Exposition für Verbraucher und Umwelt gilt daher als wesentlich geringer als bei direkt auf Haut und Nägel aufgetragenen Kosmetikprodukten.
Auswirkungen auf die Branche (H2)
Für Hersteller und Nagelstudios bedeutet das Verbot:
- Finanzielle Verluste durch wertlos gewordene Lagerbestände.
- Produktionsstopps und kurzfristige Neuentwicklungen.
-
Verunsicherung bei Kunden, die sich fragen, warum der gleiche Stoff
in 3D-Druck-Harzen oder Zahnfüllungen weiterhin erlaubt ist.
Viele Fachleute bewerten das Vorgehen der EU als übermäßig bürokratisch
und bemängeln, dass der wissenschaftliche Diskurs nicht ausreichend berücksichtigt wurde.
Unser Standpunkt
Wir von Studio Amelie / AM Professional stehen selbstverständlich für
gesetzeskonforme, sichere Produkte und können klar bestätigen:
Alle unsere Gele und Top-Coats sind TPO-frei.
Gleichzeitig sehen wir das pauschale Verbot kritisch.
Wir setzen uns für einen offenen wissenschaftlichen Dialog und
realistische Übergangsfristen ein,
damit Innovation und Verbraucherschutz besser ausbalanciert werden.
Fazit
Seit 1. September 2025 ist TPO in kosmetischen Mitteln verboten.
Doch in Industrie, 3D-Druck, Elektronik, Klebstoffen und sogar in Zahnfüllungen
bleibt es zulässig – unter strengeren, aber risikobasierten Auflagen.
Diese unterschiedliche Behandlung wirft Fragen auf:
Schützt ein pauschales Verbot wirklich besser,
oder hätte eine differenzierte, wissenschaftlich fundierte Regulierung mehr Nutzen und weniger Kollateralschäden gebracht?